„Es droht ein massiver Vertrauensverlust in die Politik“
Auch in Baden-Württemberg wird das öffentliche Leben ab diesem Montag zurückgefahren. Doch an den Schulen im Südwesten soll sich nichts ändern, gab das baden-württembergische Kultusministerium am Freitag bekannt.
Schüler:innen sitzen weiterhin dicht gedrängt in vollen Klassenzimmern. Damit gefährdet Ministerin Eisenmann persönlich die Gesundheit aller Schulakteure, kritisieren die vernetzten Schüler:innen im Verein für Gemeinschaftsschulen BW e.V. Wie viele Menschen an den Schulen im Südwesten, sind auch sie von der Landespolitik zutiefst enttäuscht.
„Die verantwortlichen Politiker:innen behaupten, dass die Priorität beim sogenannten Wellenbrecher-Shutdown auf den Schulen liegt“, sagt Raphael Fröhlich, der Leiter des Netzwerks Schüler:innen. „Doch das Gegenteil scheint der Falle: Es entsteht gerade der Eindruck, dass der Kultusministerin das Wohlbefinden und die Gesundheit der Beteiligten völlig egal sind. Sie will die Schulen mit aller Gewalt und ohne zusätzliche Maßnahmen zum Gesundheitsschutz der Beteiligten offenhalten.“
Das Kultusministerium hält auf Biegen und Brechen weiter am so genannten
„Regelbetrieb unter Pandemiebedingungen“ fest. Die Realität an den Schulen sieht allerdings ganz anders aus, wissen die Schüler:innen: kaum Konzepte für Hybrid- Unterricht, die digitale Ausstattung nach wie vor miserabel, es fehlen eklatant Lehrer:innen, und die Busse im Land sind maßlos vollgestopft. „All das hat rein gar nichts mit einem Regelbetrieb zu tun“, sagt Netzwerksprecher Raphael Fröhlich - das Wort vom „Regelbetrieb“ sei reine Suggestion.
Der 16-jährige Martin Schwab, der die Lucian-Reich-Schule in Hüfingen besucht und die Gemeinschaftsschule im Landesschülerbeirat vertritt, nennt die aktuelle Lage in den Schulbussen „grauenhaft“. Die Situation sei so katastrophal, dass viele Eltern ihre Kinder mit dem Auto in die Schule fahren, um sie vor der erhöhten Ansteckungsgefahr in „Sardinenbüchsen-Bussen“ zu schützen, so Schwab. Im Schüler:innen-Netzwerk ergibt sich ein einhelliges Bild: die vom Land angekündigten Verstärkerbusse sind nur der sprichwörtliche „Tropfen auf den heißen Stein“.
Ein weiteres Thema, was die Schüler:innen umtreibt, ist die neue Königsdisziplin Lüften. Zweifelsohne trägt dies entscheidend zum Infektionsschutz bei. Doch im Winter sind die Vorgaben nach Erfahrungen der Schüler:innen im Alltag nicht umsetzbar. Leon Muhammad, Schüler der August-Lämmle-Schule in Leonberg und als stellvertretendes Mitglied im Landesschülerbeirat, meint: „An meiner Schule haben sich durch das Lüften viele erkältet. Wie das bei Minusgraden praktisch umsetzbar sein soll, kann ich mir wirklich nicht vorstellen.“ Ein Blick auf die Summen, die über Corona-Hilfen in die deutsche Wirtschaft fließen, zeigt, wo die wahren Prioritäten der Politik liegen. Nach Recherchen des Fernsehmagazins „Monitor“ würden Luftfilteranlagen in allen deutschen Klassenzimmern 1 Milliarde Euro kosten
- zu teuer, heißt es aus der Politik. In die deutsche Wirtschaft fließen im Vergleich derzeit 200 Milliarden Euro an Corona-Hilfen.