Wie im Märchen ...

  • Matthias Wagner-Uhl
  • NETZWERK SCHULE

Wie im Märchen ...

Wie im Märchen

Neue Töne klingen seit einigen Tagen aus dem für den Bildungsbereich verantwortlichen Kultusministerium in Stuttgart: Überbordendes Lob soll offenbar darüber hinweg täuschen, dass neben rund 1,5 Millionen Schülerinnen und Schüler im Südwesten insbesondere die Lehrerinnen und Lehrer an Baden-Württembergs Schulen den konzeptionslosen Schlingerkurs der Kultusministerin und CDU-Spitzenkandidatin ausbaden müssen. Kreide wird in diesen Tagen in der Chefetage des Kultusministeriums noch dringender gebraucht, als an den Schulen im Land.

„Es ist schön, zu hören, dass Kultusministerin Susanne Eisenmann das zumindest teilweise Aufrechterhalten des leistungsmäßigen Status Quo an den Schulen im Südwesten dem Einsatz der Kolleginnen und Kollegen im Land zuschreibt – und nicht ihren vermeintlichen Qualitätsprojekten“, kommentiert Matthias Wagner-Uhl, Vorsitzender des Vereins für Gemeinschaftsschulen in Baden-Württemberg e.V., die neue Säuselstimme aus dem Kultusministerium.

Zugleich mahnt die Interessensvertretung der Gemeinschaftsschul-Community im Land, genauer hinzusehen: Viele Schulen stehen am Rande des Kollaps, die Krankheitsquote steigt, Unterricht ist vielerorts kaum noch organisierbar, die Schulverwaltung versinkt derweil immer weiter im Chaos eines überhasteten Veränderungsprozesses. Lob verdienen die aktuellen Leistungserhebungen nur in einer Hinsicht: „Wir können zurecht sagen, dass wir im Südwesten unseren Platz nicht wegen der Führungsleistung der obersten Kultusbeauftragten halten konnten, sondern trotz dieser“, fasst Wagner-Uhl zusammen, was viele an den Schulen im Land denken.

Dem wachsenden Unmut versucht die Ministerin nun mit warmen Worten zu begegnen – zumal sich nach Abschluss der Haushaltsberatungen viele vollmundige Versprechen und vermeintliche Geschenke als leere Worte erweisen. Die aktuellen IQB-Ergebnisse sowie die neuesten Zahlen zu Schulabschlüssen basieren vorwiegend auf dem Enthusiasmus und der Bereitschaft zur Selbstausbeutung verantwortungsbewusster Pädagoginnen und Pädagogen an allen Schularten. „Mit systematischer Steigerung der Bildungsqualität hat das rein gar nichts mehr zu tun“, erklärt Wagner-Uhl – und erinnert daran, wie überstrapaziert der Qualitätsbegriff in der Ägide Eisenmann mittlerweile ist.

Seitens des Kultusministeriums gute Stimmung zu verbreiten, wirkt in diesen Tagen wie das Pfeifen im Walde: Angesichts der rasanten Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft muss die erleichtert konstatierte Stagnation die Verantwortlichen in Kultusministerium wie Landesregierung aufschrecken – und mit größter Sorge erfüllen. „Wir können uns doch nicht damit brüsten, dass unsere Kinder auf der Stelle treten“, schimpft Vereinsvorsitzender und Familienvater Wagner-Uhl.

Eines scheint klar: In der nächsten Zeit wird die Ministerin noch viel Kreide brauchen, um die Lehrerinnen und Lehrer im Land bei der Stange zu halten. Und ohne Taten werden auch die höchsten Töne irgendwann im Getöse der Realität verhallen. 

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