Die Kultusministerin hat ihren Laden nicht mehr im Griff!

  • Matthias Wagner-Uhl
  • NETZWERK POLITIK

Die Kultusministerin hat ihren Laden nicht mehr im Griff!

Das neue Schuljahr steht vor der Tür und damit vielen Schulen im Land schwierige Zeiten bevor. Die traditionellen Pressekonferenzen zum Schuljahresauftakt geben einen guten Einblick über Schein und Sein an den gut 3.500 Schulen im Land. Dabei wird schnell klar: In Baden-Württembergs Schulpolitik liegt vieles im Argen.

Der Status Quo der Bildungspolitik im Südwesten lässt sich auf einen Satz kondensieren: Im Kultusministerium wie auch in der Schulverwaltung regiert immer mehr das Chaos. „Der auf Kostenneutralität ausgelegte ‚Umbau‘ der Schulverwaltung setzt das System zunehmend außer Betrieb“, fasst Matthias Wagner-Uhl, Vorsitzender des Vereins für Gemeinschaftsschulen in Baden-Württemberg e.V. und selbst langjähriger Schulleiter, die zahlreichen Rückmeldungen zusammen, die ihn täglich erreichen. Tatsächlich versuchten die meisten Verantwortlich in der Verwaltung, ihm Rahmen ihrer Möglichkeiten die erträglichste Lösung für die Schulen zu finden: „Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist die aktuelle Situation eine Zerreißprobe und eine ungeheure Belastung, in der sie nach Kräften immer noch versuchen, den regulären Schulbetrieb aufrechtzuerhalten“.

Ein Eindruck, der sich an konkreten Beispielen illustrieren lässt:

  • · Eine wachsende Zahl unbesetzter Stellen bremst immer mehr Prozesse an den Staatlichen Schulämtern und RP. So sind die für viele Schulen wichtigen Verträge mit so genannten "Nichterfüllern" (Lehrkräfte ohne formal abgeschlossene Qualifikation als LehrerInnen) wenige Tage vor Schuljahresbeginn teilweise noch immer nicht ausgestellt. Dies konfrontiert nicht zuletzt auch die Gemeinschaftsschulen mit einem hohen Unterrichtsausfall zum neuen Schuljahr – der die anhaltende Debatte um Schulqualität als Fassadenpolitik entlarvt.
  • · Auftretende Doppelzuweisungen von Lehrkräftendurch mehrere RPen an verschiedene Schulen führen zu einem erheblichen Mehraufwand bei den betroffenen Schulleitungen. Nicht zuletzt konfrontieren sie die ohnehin schon überlasteten Führungspersonen mit der Aufgabe, von den vermeintlichen Neuzugängen zunächst erst eine Information über deren Letztentscheidung einzuholen, bevor Details des Einsatzes vor Ort geklärt werden können.
  • · DieZuweisung von Lehrkräften, welche seit Monaten bereits im Privatschulbereich unter Vertrag stehen, haben ähnliche Auswirkungen und binden weiterhin wertvolle Ressourcen.

Aus Sicht des Vereins für Gemeinschaftsschulen sind dies nur einige Beispiele für gravierende Mängel in der Vorbereitung des neuen Schuljahres durch die Kultusverwaltung. Andere Interessensvertretungen könnten hier sicherlich noch Vieles beisteuern.

Die Conclusio ist offenkundig: Die Kultusministerin hat ihren Laden nicht mehr im Griff!

Auch bei der Einstellung von gymnasialen Lehrkräften wird Ministerin Eisenmann ihrer Verantwortung nicht gerecht: Nach öffentlich zugängigen Informationen sind weit über 1.000 Gymnasial-LuL ohne Beschäftigung. Zugleich gibt es einen klaren Bedarf an gymnasialen Lehrkräften an den Gemeinschaftsschulen, deren Konzept als flächendeckendes G9-Angebot ein Unterrichten auf gymnasialem Niveau über alle Jahrgangsstufen hinweg vorsieht.

Trotz dieser schulgesetzlich geregelten Vorgabe gelingt es der Kultusministerin nicht, den Matchingprozess von Angebot und Bedarf erfolgreich zu moderieren. „Aus unseren Schulen hören wir übrigens von vielen gymnasialen LuL große Zustimmung und Zufriedenheit mit den pädagogischen Möglichkeiten der Gemeinschaftsschule“, tritt Matthias Wagner-Uhl der angeblich ablehnenden Haltung von Gymnasial-KollegInnen bezüglich einer Beschäftigung an der Gemeinschaftsschule BW entschieden entgegen.

Tatsächlich verliert sich die Energie des KM vielmehr in Seitenschauplätze mit kosmetischem Charakter und geringer Wirksamkeit: So erweisen sich vielzitierte Programme wie z.B. zur Schnellbleiche von Sekundarstufe-LuL für die Grundschule als populistische Maßnahme, die Vieles im Auge hat - sicherlich aber nicht das Wohl der Kinder an den Schulen im Land.

„Die Rolle als Spitzenkandidatin für die Landtagswahl ist ein Fulltime-Job, der die amtierende Kultusministerin ganz offensichtlich so fordert, dass sie ihre originären Aufgaben und ihre erhebliche Verantwortung für die Bildung in Baden-Württemberg sträflich vernachlässigt“, sagt Vereinsvorsitzender Wagner-Uhl. Und ergänzt schmunzelnd: „Ich habe übrigens keine Ambitionen auf das Ministerpräsidenten-Amt“. 

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